Page 16 - EAA_MAGAZIN_2_ONLINE-kor
P. 16
Klimaschutz und
Wirtschaftswachstum:
Ein Widerspruch?
Bundeskanzlerin Merkel warnte nach dem angekündigten Ausstieg der USA aus dem Pariser Vertrag vor
einem Ermüden im weltweiten Kampf gegen den Klimawandel: „Wir haften füreinander“, sagte sie in
Berlin. Eine dort vorgestellte OECD-Studie bestätigt: Klimaschutz schafft Wachstum. Jetzt kommt es auf
sinnvolle Investitionen an.
Eine strikte Klimapolitik rentiert sich für alle. So lautet eine Erkenntnis Pariser Abkommen: Ungeeignetes Instrument
aus der Studie „Investieren in Klimaschutz, investieren in Wachstum” Björn Lomborg, Leiter des dänischen Thinktanks Copenhagen
der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Consensus Center, hinterfragt die Mainstream-Meinung zum Pariser
(OECD), die im Mai veröffentlicht wurde. Strikte Klimapolitik schaffe Klimaschutzabkommen. Gegenüber Energie Inside entlarvt er es als
außerdem wirtschaftlichen Aufschwung, sofern Investitionen in er- ungeeignetes Instrument: „Das Abkommen ist eine sehr teure Ablen-
neuerbare Energien, Leitungsnetze oder emissionsarmen Verkehr ge- kung von den Investitionen in Forschung und Entwicklung, die eigent-
tätigt würden. Die Studie empfiehlt den G20-Staaten, die für rund 80 lich getätigt werden müssten. Die Kosten für alle Pariser Versprechen
Prozent der weltweiten CO -Emissionen verantwortlich sind, Klimapo- zusammen schätzen wir ab 2030 auf ein bis zwei Billionen Dollar
2
litik in ihre Wachstumsstrategie aufzunehmen. So schlägt die OECD jährlich.“ Auch wenn alle Nationen die Vorgaben zur Kohlendioxidre-
Steuern auf Treibhausgase vor und Investitionen in emissionsarme duktion des Pariser Vertrags von 2016 bis 2030 einhalten, würden die
und klimarobuste Infrastrukturprojekte. Solche Infrastruktur-Investi- Emissionen nach Schätzungen der UNO nur um ein Hundertstel des
tionen seien maßgeblich, um die im Pariser Abkommen vereinbarten festgelegten Ziels von zwei Grad sinken, sagt Lomborg. Die Position der
Ziele zu erreichen. Gleichzeitig sei mit positiven Auswirkungen auf die Wissenschaft ist eindeutig: Der Klimawandel ist real und zum größten
Wirtschaft zu rechnen: Weitere Klimaschutz-Maßnahmen würden das Teil von Menschen verursacht. Doch laut Lomborg sei „das Pariser Klima-
Bruttoinlandsprodukt der G20 bis 2021 im Schnitt zusätzlich um ein abkommen nicht geeignet, das Problem der globalen Erwärmung zu lö-
Prozent steigen lassen, bis 2050 sogar um 2,8 Prozent. Kalkuliere man sen. Das gesetzte 1,5-Grad-Ziel ist mit seinen wirkungslosen Methoden
die durch Klimaschutz vermiedenen Schäden ein, sei sogar mit einem illusorisch“. Wenn alle Vorgaben des Pariser Abkommens eingehalten
Plus von 4,7 Prozent zu rechnen, heißt es in der OECD-Studie. Nach würden, auch durch die USA, ließe sich der Temperaturanstieg auch nur
Einschätzung von OECD-Generalsekretär José Ángel Gurría werden die um ein Prozent des angestrebten Ziels von zwei Grad verringern. Das
nächsten zehn Jahre für das Gelingen entscheidend sein: „Es gibt keine Pariser Abkommen sei aus diesem Grund ein „Papiertiger“: viel gefeiert
wirtschaftlichen Gründe, den Kampf gegen den Klimawandel weiter als scheinbare Lösung, aber dennoch unrealistisch. Zumal die Zusagen
aufzuschieben. Sofort handeln wird sich schon in naher Zukunft aus- der Länder rechtlich gesehen nicht eingehalten werden müssen.
zahlen.“ Eine Verzögerung der Maßnahmen auf nach 2025 hätte für die
G20 Wachstumseinbußen von zwei Prozent über einen Zeitraum von Umdenken ist der Schlüssel zum Erfolg
zehn Jahren zur Folge. Zudem würden spätere Reformen radikalere Die aktuelle Klimapolitik ist die Fortsetzung eines verfehlten
Veränderungen erfordern. Diese könnten unter Umständen zu einer Ansatzes: des Kyoto-Protokolls. Seit rund zwei Jahrzehnten wird es
Destabilisierung der Weltwirtschaft führen. Man könnte auch sagen: von Regierungen und Non-Profit-Organisationen als Lösung für den Fotos: istock
Wer die Investitionen aufschiebt, schießt ein Eigentor. Klimawandel verkauft. Dabei haben Messungen gezeigt, dass es kaum
16 ENERGIE INSIDE DEZ/17