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von Gas in die Atmosphäre gelangt, muss es neutralisiert werden. Der deutsche Energieexperte dazu: „Es ist unmöglich, ein System
Etwa durch die Wiederaufforstung von Wäldern oder die künstliche mit solch hoher Dekarbonisierung rein national aufzustellen.“ Die
Reinigung von Kohlendioxid aus der Atmosphäre. Dadurch sollen die Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) warnt in einer Aussendung
Treibhausgasemissionen netto in dieser Periode auf null fallen. ebenfalls vor Folgen wie hohen Kosten oder drohender Abwande-
rung von energieintensiven Produktionen in andere Wirtschaftsräu-
Österreich ohne fossile Energien? me. Dennoch begrüßt die WKÖ das Klimaabkommen und die Chan-
Die österreichische Bundesregierung kündigte am 12. Dezember ce für neue Jobs in der Energietechnikbranche. Kritik über zu hohe
2015 in Paris an, die Stromerzeugung bis 2030 zu hundert Prozent Kosten der Energiewende lässt Jürgen Schneider, Klima- und Energie-
auf erneuerbare Energieträger umzustellen. Umweltminister DI Andrä experte des österreichischen Umweltbundesamts, nicht gelten: „Die
Rupprechter dazu: Energiewende bringt deutlich mehr als sie kostet. Sie sollte gerade
jetzt als Beschäftigungs- und Konjunkturmotor genutzt werden.
Hinzu kommt, dass die Schäden durch den Klimawandel minimiert
„Mit dem Klimavertrag von werden müssen.“ Das Umweltbundesamt hat zusammen mit dem
Paris wurde das Ende des Wegener Center die derzeitigen Kosten des Klimawandels auf eine
fossilen Zeitalters eingeläutet.“ Milliarde Euro pro Jahr geschätzt. Demnach könnte dieser Wert bis
Mitte des Jahrhunderts auf 8,8 Milliarden Euro steigen.
Andrä Rupprechter Bedenken gegenüber Kohleausstieg
Umweltminister
Auf Länder mit einer hohen Abhängigkeit von der Kohleverstro-
mung, wie Deutschland oder Polen, steigt der Druck. Der deutsche
„Die Dekarbonisierung unserer Gesellschaft, unserer Energie- und Mobi- Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel warnte heuer im Febru-
litätssysteme ist somit gestartet.“ Die Österreichische Elektrizitätswirt- ar in einer Aussendung vor einem überstürzten Kohleausstieg. Zwar
schaft wird eine wesentliche Rolle bei der Dekarbonisierung einnehmen stehe er hinter einem Ausbau von erneuerbaren Energien, aber „über
und sich für eine Lösung zur Reduktion der CO -Emissionen einsetzen. Marktinstrumente und in Korridoren“.
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Österreichs Energie sieht in ihrer Stromstrategie „Empowering Austria“
unter anderem vor, den Stromanteil erneuerbarer Energien in Österreich
bis 2030 auf 85 Prozent anzuheben. 2014 stammten über 70 Prozent des
Stroms aus erneuerbaren Quellen. Ein großes Fragezeichen ist jedoch „Aber ein ebenso klares
die Wärmegewinnung und vor allem die Mobilität. In Österreich sind Ja sage ich zur weiteren
die Emissionen seit 2005 rückläufig. Laut Umweltbundesamt sind die Nutzung fossiler Energieträger.“
Treibhausgasemissionen von 2013 auf 2014 um 4,7 Prozent gesunken.
Damit liegen sie unter dem Wert von 1990. „Die Treibhausgas-Bilanz Sigmar Gabriel
2014 zeigt, dass Österreich auf dem richtigen Weg für 2020 ist. 2016 Bundeswirtschaftsminister, Deutschland
werden wir gemeinsam mit dem Energieminister (Reinhold Mitterlehner,
Anm.) eine integrierte Energie- und Klimastrategie erstellen“, so der Deutschland sieht sich nur wenige Monate nach der Pariser Klimakon-
Umweltminister. Besondere Bedeutung komme dem Verkehrsbereich zu. ferenz mit ernüchternden Zahlen konfrontiert: Daten des deutschen
Umweltbundesamtes belegen, dass die Treibhausgasemissionen in
Angst vor industrieller Abwanderung Deutschland im vergangenen Jahr nicht gesunken, sondern leicht
Dr.-Ing. Dipl.-Wirt. Ing. Christoph Maurer, Geschäftsführer des deut- angestiegen sind. Sie liegen um 0,7 Prozent über dem Vorjahr. Der
schen Beratungsunternehmens Consentec GmbH, verweist gegenüber Anstieg geht zum größten Teil auf einen höheren Kohleverbrauch und
Energie Inside auf das Problem des „carbon leakage“: der Abwanderung auf die Heizwärme zurück.
von Industrieproduktionen in weniger umweltengagierte Weltregionen.
USA blockiert Umsetzung
„Für eine 80- bis 95-prozentige Im Gegensatz zu den restlichen Unterzeichnerstaaten von Paris
Treibhausgassenkung, wie sie bleibt der Wirtschaftsraum Europa mit seinem strikten, verbindlichen
langfristig angestrebt ist, und mit Strafzahlungen sanktionierbaren Reduktionspfad bei Treib-
Fotos: Haiden, Consentec, Weiss Christoph Maurer gen von Paris weltweit einsamer Vorreiter. So etwa hat der Oberste
hausgasen „minus 40 Prozent bis 2030“ auch nach den Vereinbarun-
müssen alle mitziehen,
nicht nur einzelne Länder.“
Gerichtshof der Vereinigten Staaten den ambitionierten Klimaschutzplan
von Präsident Barack Obama blockiert. Der Supreme Court stoppte im
Geschäftsführer, Consentec GmbH
Februar die Umsetzung von Vorgaben für den Kohlendioxidausstoß ➝
ENERGIE INSIDE JUNI/16 13