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EAA-Energie Talk: Quo vadis Energieunion?

Am Donnerstagabend stand beim EAA-Energie Talk im Museumsquartier die Frage Quo vadis Energieunion im Mittelpunkt einer spannenden Podiumsdiskussion. Dr. Florian Ermacora von der Generaldirektion für Energie der Europäischen Kommission, Stefan Kapferer, Vorsitzender der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) und Mitglied des Präsidiums sowie Dr. Jochen Penker, Abteilungsleiter für europäische und internationale Energiepolitik im Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft diskutierten über Vorteile, Herausforderungen und Auswirkungen des EU-Winterpakets.

Zwtl.: Winterpaket in Österreichs Interesse

Florian Ermacora von der Generaldirektion für Energie der Europäischen Kommission gab zu Beginn des EAA-Energie Talks einen Überblick über die Inhalte des EU-Winterpakets: Geplant ist, einerseits die Treibhausgasemissionen in Europa um mindestens 40 Prozent bis zum Jahr 2030 zu reduzieren. Andererseits soll der Anteil an erneuerbaren Energien im Verbrauch innerhalb der EU mindestens 27 Prozent betragen. Die Energieeffizienz soll bis 2030 gegenüber 2005/2007 um 30 Prozent steigen. Das Winterpaket sei laut Ermacora in Österreichs Interesse, vor allem weil Österreich einen großen Anteil an erneuerbaren Energien aufweist und marktorientiert ist. Das entspreche der Stoßrichtung des Winterpakets. Die Vorschläge des EU-Winterpakets dienen der kosteneffizienten Erreichung der großen Dekarbonisierungs- und Versorgungssicherheitsziele, sagt Ermacora. In der derzeitigen europapolitischen Debatte sei das seiner Meinung nach ein guter Punkt, da wir nachweisen können und auch schon nachgewiesen haben, dass der europäische Binnenmarkt am zielführendsten und kosteneffizientesten ist. Auch Stefan Kapferer, Vorsitzender der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), spricht sich ganz klar für den Binnenmarkt und eine länderübergreifende Perspektive in der Transformationspolitik in den Energiesystemen aus.

Ermacora betont, dass sehr wichtige Punkte des Winterpakets, wie etwa die Fragen der Kapazitätsmärkte oder der Preisregulierung in Österreich kaum ein Thema seien, hingegen aber in den meisten anderen Ländern der EU. Ermacora: Dazu hat es in Österreich kaum innerpolitische Debatten gegeben, weil Österreich hier seine Aufgaben erledigt habe und es einen gut funktionierenden Markt gebe.

Zwtl.: Preiszonen sind die falsche Botschaft

Große, grenzüberschreitende Marktgebiete sind unabdinglich für funktionierende, liquide Strommärkte, so die Expertenmeinung. Das oft genannte Vorbild Schweden, wo die Gebotszone 2011 verkleinert wurde, zeigt, dass durch eine Aufteilung in mehrere Preiszonen ein liquider Markt mit aussagekräftigen Preissignalen gefährdet wird. Zahlen untermauern das: Die Liquidität auf dem schwedischen Strommarkt ist in Folge der Einführung der Preiszone um bis zu 40 Prozent gesunken, die Zahl der Marktteilnehmer hat sich halbiert.

Stefan Kapferer, Vorsitzender des deutschen BDEW, steht den entsprechenden Plänen einer Trennung der deutsch-österreichischen Preiszone skeptisch gegenüber: Die Energiewendepolitik in Deutschland ist eine sehr national ausgerichtete und das halte ich für falsch. Das sage ich auch der deutschen Bundesregierung. Ein europäischer und länderübergreifender Ansatz, wie der gemeinsame Strommarkt Deutschland und Österreich wäre sicherlich die richtige Botschaft.

Jochen Penker aus dem Wirtschaftsministerium betont: „Was die deutsch-österreichische Preiszone betrifft, ist Österreich nach wie vor der Auffassung, dass eine Preiszonenteilung an der Grenze nicht gerechtfertigt ist, da der Engpass letztlich auch netztechnisch in Deutschland liegt. Österreich hat daher die deutsche Entscheidung, einseitig Vorbereitungen zur Trennung einzuleiten, mit Bedauern zur Kenntnis genommen.

Weitgehend Einigkeit herrscht zwischen Österreich und Deutschland beim Thema ACER. Penker: Österreich steht der Übertragung neuer Kompetenzen an ACER sehr kritisch gegenüber. Die momentane Struktur ist nicht geeignet für diese Art der Verantwortung. Die Verlagerung von Zuständigkeiten muss für jede einzelne Kompetenz in Hinblick auf Inhalt und Rechtsfolgen genau geprüft werden. Kapferer: Deutschland lehnt zusätzliche Kompetenzen für ACER kategorisch ab.

Zwtl.: Versorgungssicherheit spielt zentrale Rolle

Laut Kapferer gehen die Vorstellungen der EU-Kommission und einiger EU-Staaten auch beim Thema Versorgungssicherheit auseinander. Die EU-Kommission will Umweltauflagen für Kraftwerke vorsehen, die als Stromreserve genutzt werden, was zum Problem für die Versorgungssicherheit werden könnte: Denn Kapazitätsmechanismen, also Regierungssubventionen, die Energieversorger bei der Vermeidung von Stromausfällen unterstützen, sollen zurückgeschraubt werden.

Dazu Stefan Kapferer: Überall, wo wir hinschauen, wird es eng. Ich sehe in Europa einen Mangel an verlässlicher Kapazität auf uns zukommen, wenn wir uns die Debatten über neue Atomkraftwerke in Tschechien, Versorgungsprobleme in Italien oder die Diskussionen über den Atomausstieg in der Schweiz ansehen. Wenn davon ausgegangen werde, dass in den nächsten zehn Jahren „gesicherte Leistung aus dem Netz geht, werden wir das nicht vollständig über volatile Erneuerbare zusätzlich abdecken können. Das ist kein vernünftiges Konzept. Seiner Meinung nach sei das bis 2030 eine Utopie und bis 2050 müsste es mehr Speichertechnologie und mehr Netzausbau geben. Aber nach heutigem Stand werden wir zwischen 2021 und 2030 in Knappheiten hineinlaufen, sagt der deutsche Energieexperte.

Zwtl.: Ambitionierte Energieeffizienzziele

Hauptaugenmerk legt die Europäische Kommission auf die Energieeffizienz: Sie soll bis zum Jahr 2030 gegenüber 2005/2007 um 30 Prozent steigen, also um drei Prozentpunkte mehr als von den Staats- und Regierungschefs vereinbart. Diese Zielsetzung ist sehr ambitioniert. Laut Penker müsse in diesem Zusammenhang sichergestellt sein, dass Mitgliedsstaaten, die bereits in der Vergangenheit viel im Bereich Energieeffizienz geleistet haben, nicht benachteiligt werden und dass die Ziele mit kosteneffizienten Maßnahmen erreichbar sind. Auch dürften Leistbarkeit und Wettbewerbsfähigkeit der Energieversorgung nicht gefährdet werden, um den Wirtschaftsstandort Österreich nachhaltig zu sichern, sagt Penker.

Einig sind sich die Experten, dass sich die Diskussionen um das Winterpaket noch bis Mitte 2018 hinziehen könnten. Dann hätten die Nationalstaaten anschließend bis zu zwei Jahre Zeit, die Vorgaben der EU in nationales Recht umzusetzen.


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