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Warum die Gaspreise derzeit nicht weiter fallen

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Seit mehr als einem Monat kennen die Gaspreise an den europäischen Großhandelsmärkten nur eine Richtung – nämlich jene zur Seite. In der Sprache der Börsianer bedeutet dieser Seitwärtstrend, dass sich die Großhandelspreise seit Ende Jänner in einer Handelsspanne zwischen 50 und 60 Euro pro Megawattstunde (MWh) bewegen. Dieser stabile Seitwärtstrend widersetzt sich damit dem insgesamt sinkenden („bearischen“) Marktumfeld an den Börsen. Energieexperten erkennen bereits eine fundamentale Preisuntergrenze für Gas an den Märkten. Dies hat seine Gründe, denn zuletzt sprach eigentlich alles für ein weiteres Absinken der Gaspreise:

1) Temperatur: ausgesprochen mild
2) Gasangebot: ist gut.
3) Gasflüsse aus Norwegen: sind hoch
4) LNG an den europäischen Häfen: kommt reichlich an
5) Gasspeicher: sind gut gefüllt

Wie geht es weiter? – Ein Blick in die Kristallkugel:
Die Frage ist nun, ob das Gasangebot in den nächsten Monaten ausreichen wird, um die EU-Gasspeicherziele zu erreichen. Denn der Füllstand in den europäischen Gasspeichern wird den Preis maßgeblich beeinflussen.
Obwohl die Temperaturprognosen in den nächsten Wochen sinken, sind die Temperaturen generell weiterhin eher mild und liegen im Tagesmittel über der saisonalen Norm. Die Gasspeicher sind gut gefüllt. Eine der Voraussetzungen ist, dass weiterhin genügend LNG in Europa ankommt. Dazu orientieren sich die Preisuntergrenzen am globalen Wettbewerbsumfeld. Der Acer-LNG-Preis für Nordwesteuropa lag zuletzt bei knapp 54 Euro pro MWh. Am asiatischen JKM wurden zuletzt umgerechnet rund 57 Euro pro MWh bezahlt. Das gute Angebot und die niedrige Nachfrage halten die Gasspeicher auf hohem Niveau gut gefüllt. Die Gasspeicher in der EU sind zu 65 Prozent gefüllt, die österreichischen und deutschen Speicher zu je 72 Prozent. Für den laufenden Winter drohen voraussichtlich keine Engpässe mehr.

EU-Gasspeicherziele im Fokus
Die Frage ist nun, ob das Gasangebot und insbesondere das LNG-Angebot in den nächsten Wochen und Monaten ausreichen werden, um das Speicherziel der EU, die Gasspeicher bis zum 1. November zu 90 Prozent zu füllen, zu erreichen.

Szenario „Fehlende Gasmengen aus Russland“
Sofern weiterhin (wie bisher) viel LNG ankommt, die Einsparungen (auch temperaturbedingt) konstant bleiben und man unterstellt, dass sich fortan der tägliche Speichersaldo (Differenz aus Einspeicherungen und Ausspeicherungen) gemäß dem langfristigen Durchschnitt (seit 2011) entwickelt, werden trotz fehlender Gasmengen aus Russland alle Speicherziele in der EU und in Deutschland erreicht.

Szenario „Langfristiges Minimum“
Sollten die nächsten Wochen wider Erwarten sehr kalt werden, könnten sich die Gasspeicher bis zum Winterende auf bis zu 35 bis 40 Prozent entleeren. Sollte die Einspeicherung in der Sommersaison dann so schlecht wie 2012 verlaufen (minimale Nettoeinspeicherung seit 2011), würden dennoch die Speicherziele zum 1. Mai und 1. Juli 2023 übererfüllt werden. Für dieses Szenario, wir bezeichnen es als „langfristiges Minimum“, ergäbe sich ein Füllstand von 69 Prozent zum 1. September 2023. Das Speicherziel bei 73 Prozent würde dann – selbst im Krisenszenario – nur knapp verfehlt werden.

Quelle: ZfK_16.2.2023
 

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