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„Das Zwei-Grad-
Ziel ist tot“
Interview mit Univ.-Prof. DI Karl Rose
Im Interview mit EAA-Energie Inside nimmt Univ.-Prof.
DI Karl Rose zu Entwicklungen auf dem Öl- und Gasmarkt
Stellung. Das Thema Klimawandel sieht er düster: „Ich weiß
nicht, was man schlucken muss, um zu glauben“, dass sich
der Klimawandel aufhalten lasse.
Sehen Sie aktuell ein Duell um den Ölmarkt? nisches Schieferöl. Deshalb haben wir jetzt seit etwa einem Jahr ei-
Diese Frage richtet sich an Karl Rose. Der Professor am Institut nen Ölpreis um die 50 Dollar“. Die Schieferölproduktion wirke aktuell
für Unternehmensführung und Entrepreneurship der Karl-Franzens- auf Investoren wie ein Magnet. Wenn diese heute investieren, haben
Universität Graz sitzt in seiner Wohnung in Abu Dhabi. Er antwortet sie ihr Geld 28 Tage später mit Gewinnen wieder zurückverdient.
per Skype. Rose arbeitet seit Februar in der Hauptstadt der Arabischen „Dadurch fließt sehr viel Geld in die Gewinnung von Schieferöl und
Emirate für die dortige staatliche Erdölgesellschaft ADNOC, die Abu Schiefergas“, sagt Rose.
Dhabi National Oil Company. Der Professor sieht, wenn es um Rohöl
und geopolitische Themen wie die OPEC, Russland oder Venezuela Was beeinflusst den Ölpreis noch?
geht, aktuell kein Duell. Anders sei das in Amerika bei Schiefergas „In Wirklichkeit ist der aktuelle Ölpreis sehr von der Tagespolitik
und Schieferöl. Da gibt es einen „Preiskampf zwischen dem Schiefer- abhängig. Die eine oder andere Krisensituation bewegt den Ölpreis
gas der USA und dem traditionellen Öl“. Dieser Kampf ist in Roses entweder hinauf oder hinunter“, erklärt Rose. So kann zum Beispiel die
Augen völlig neu. Auf dem Gasmarkt hingegen sieht „Sitzung der OPEC-Förderländer im November“ be-
der Energiestratege Rose durch den Wirtschaftsboy- einflussen, wie es hinsichtlich „Produktionskürzungen
kott der USA und Europas so etwas wie ein Duell: „Im „Im Gasmarkt und Preissteuerung“ weitergehe. Aber auch mögliche
Gasmarkt Europa spielt sich ein Kampf ab. Westen ge- Europa spielt Krisenschauplätze wie Libyen, Venezuela, der Konflikt
gen Osten. Und vor allem ein Kampf, in dem amerika- der USA und Nordkoreas oder die nach Selbständig-
nische Politik Interessen vertritt, um den Einfluss von sich ein keit strebende Kurdenregion im Irak können weite-
Russland einzudämmen. Denn die Amerikaner drängen Kampf ab.“ ren Einfluss auf die Entwicklung der Ölpreise haben.
auf den europäischen Gasmarkt.“ Russland sei aber So wurde aufgrund der neuerlichen „Unsicherheit
auch ein wichtiges Ölförderland. Ja, den Russen tue der in Libyen Öl vom Markt genommen. Das hat die
niedrige Ölpreis weh, meint Rose: „Sehr sogar. Und die Sanktionen Situation auf dem Ölmarkt eher entspannt“, wie Rose analysiert. Die
auch. Sie zeigen wirtschaftlich gesehen schon Wirkung“, seien aber Abstimmung der irakischen Kurden für Selbstbestimmung hingegen
keine politische Auseinandersetzung. Auch das Verhältnis Russlands und die drohende Blockade der Öllieferungen aus dem kurdischen
zur OPEC sei derzeit gut. „Summa summarum halten sich die Russen Teil des Irak hat den Rohölpreis im September auf knapp 60 US-
an die Ölförderquote.“ Warum? „Weil für sie der niedrige Ölpreis auch Dollar steigen lassen. Oder wenn in Nordkorea noch mehr Raketen
nicht gut ist. Wenn dieser weiter absackt, wäre der Preis vielleicht bei gestartet werden, dann verursache dies noch mehr Unsicherheit.
43 oder 42 Dollar. Das wäre ungünstig für Russland.“ Ein möglicher Krisenherd könne laut Rose aber auch Venezuela
sein: „Ich schaue mir jeden Morgen an, was US-Präsident Donald
Das Orakel vom Ölpreis Trump gemacht hat. Bei manchen Entscheidungen des Weißen Hau-
Dann spricht Rose über den Ölpreis und die vielfältigen Einfluss- ses könnten wir auf einmal einen Ölpreis von 100 bis 110 US-Dollar
faktoren. Einer davon sei „Überkapazität, verursacht durch amerika- sehen“, so Rose.
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