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EAA-Energie Talk: „Österreich braucht keine Stromerzeugungswende“

Darin waren sich Marc H. Hall, Vorstandsdirektor der Wiener Stadtwerke und Karl Rose vom Weltenergierat in der Diskussion beim EAA-Energie Talk einig.

„Wer profitiert von der Energiewende und wer bezahlt sie?“ Diese Frage stand am Montag beim Energie Talk der EAA-ENERGIEALLIANZ Austria im Vienna Twin Tower im Mittelpunkt einer hochkarätigen Diskussion. Angesichts der aktuellen Entwicklungen in Österreich und Deutschland diskutierten Dipl. Ing. Marc H. Hall, Vorstandsdirektor der Wiener Stadtwerke, Univ.-Prof. Dipl. Ing. Karl Rose vom Weltenergierat sowie Dipl. Ing. Mag (FH) Gerhard Christiner, technischer Vorstandsdirektor der Austrian Power Grid AG, welche Auswirkungen die Energiewende auf Marktentwicklung, Wettbewerb, Industrie, Wirtschaft, Handel und die Haushalte hat.

Österreichs Vorsprung bei Erneuerbaren

„Der Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung liegt in Österreich derzeit bei mehr als 75 Prozent. Das ist ein Wert, auf den Deutschland wahrscheinlich die nächsten 60 Jahre hinarbeiten wird müssen“, sagte Hall in seinem Eröffnungsstatement: „Dieser Vorsprung zeigt: Wir brauchen in Österreich im Gegensatz zu Deutschland keine Stromerzeugungswende, sondern eine Energiewende hin zu mehr Energieeffizienz. Wir müssen in den kommenden Jahren nicht vorrangig den Anteil der Erneuerbaren weiter ausbauen, sondern uns darauf konzentrieren, dass wir aus der Energie noch mehr herausholen. Die Energiewende darf auch nicht beim Strom stecken bleiben, sondern muss vor allem auch den Wärme- und Transportbereich mitumfassen.“

Höher entwickelte Industriestandorte forcieren

In diesem Zusammenhang plädierte Hall auch für die ungebremste Ansiedlung von Industrie in Österreich. „Das wäre aus Sicht der CO2-Vermeidung die beste Lösung, weil wir in punkto Effizienz heute schon viel weiter sind als BRIC Staaten wie etwa China oder Indien.“ Im Sinne einer globalen Reduktion von CO2, wäre eine Forcierung der europäischen Industrie – mit ihrer im Vergleich zu den Schwellenländern weit effizienteren Hochtechnologie – ein wesentlicher Schritt einer erfolgreichen Energiewende.

Energiewende im Fokus für Standort Europa

Der Idee der Effizienzsteigerung und der Re-Industrialisierung konnte auch Rose vom Weltenergierat Positives abgewinnen: „Durch den Gas-Boom in den USA sind bis dato 100 Milliarden Euro aus Europa in die USA abgeflossen“, sagte er. Die Politik habe in Europa im Vergleich zu den USA und China den Schwerpunkt klar auf Klimaschutz und Energiewende gelegt, sodass heute der Wirtschaftsstandort Europa darunter leide. Rose sieht derzeit „noch keine europäische Antwort auf das Schiefergas und niedrige Energiepreise in den USA und China. Das wird in den kommenden zehn Jahren volkswirtschaftlich für negative Effekte sorgen.“

Neue Technologien nötig, Netzausbau dringend erforderlich

„Die derzeit zur Verfügung stehenden neuen Technologien zur Energiegewinnung (v.a. Photovoltaik und Wind) sind hochvolatil und es fehlt heute noch immer die systemische Antwort, um diese ökonomisch und technologisch in den Markt zu integrieren und so den CO2-Anteil nachhaltig zu senken“, sagte Hall. Die Finanzkrise hat dieses Dilemma aufgrund der fehlenden Risikofreude der Investoren noch weiter verstärkt. Da diese Investitionen in erneuerbare Energien völlig risikofrei waren und sind, hat sich das Ungleichgewicht am Erzeugungsmarkt weiter verschärft. APG-Vorstand Christiner unterstrich die Notwendigkeit eines raschen Ausbaus der Übertragungsnetze: „Der sich verändernde europäische Kraftwerkseinsatz erfordert dringend einen Umbau und eine Verstärkung der Übertragungsnetze. In Österreich ist das vordringlichste Projekt der Schluss des 380-kV-Sicherheitsrings, der bis 2020 im Westen durch den Bau der Salzburgleitung gelingen soll.“

Belastungen durch Effekte der Energiewende

Die EU- Klimapolitik befindet sich auf einem Scheideweg. Nachdem die überbordenden Förderungen für erneuerbare Energien europaweit bereits jetzt durch Mangel an Integration und Netzausbau zu massiven Marktverwerfungen und volkswirtschaftlichen Schäden geführt haben, findet gegenwärtig ein Sinneswandel statt. „Die EU versucht angesichts der angespannten Wirtschafts- und Arbeitsplatzsituation zurück zu rudern“, sagte Rose: „Wir haben uns im vergangenen Jahrzehnt zu stark auf das Erreichen der Klimaziele konzentriert, ohne dabei die Folgen auf den Wirtschaftsstandort Europa zu berücksichtigen. Es wird in den nächsten zwei bis drei Jahren zu keiner wesentlichen Entspannung auf dem Energiemarkt kommen.“ Hall und Rose sind sich einig, dass „aus momentaner Sicht europaweit volkswirtschaftliches Gesamtvermögen im großen Stil vernichtet wird.“ Modernste, technologisch am letzten Stand befindliche Gaskraftwerke etwa müssen abgeschrieben werden, während ökologisch bedenkliche, aber günstig produzierende Stein- und Braunkohleanlagen bevorzugt werden. „Das ist eine massive Fehlentwicklung auf Kosten der Steuerzahler und der Konsumenten“, sagte Hall: „Ohne dem eigentlichen Ziel zu dienen, die Klimaerwärmung auf Basis eines stabilisierten CO2-Ausstoßes einzudämmen.“


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