Page 32 - EAA_MAGAZIN_JUNI_16
P. 32

GUTES KLIMA FÜR DIE ZUKUNFT



                        Für ein realistisches Szenario zum Ausstieg aus der fossilen Energieerzeugung und
                        dem gleichzeitigen Einstieg in eine nachhaltige Energiezukunft braucht Europa
                        Brückentechnologien. Welche Rolle wird Erdgas dabei spielen? Eine Analyse.




            Eine Vollversorgung mit erneuerbaren Ener-  Erneuerbaren sind volatil. Sie verursachen   „Wenn der Umstieg von
            gien ist das langfristige Ziel der Energie-  Versorgungsschwankungen, die ausgegli-  Kohle auf Gas in der Strom-
            wende in Europa. Der Weltklimavertrag der   chen werden müssen, etwa von modernen   produktion gelingt, kann
            UN-Klimakonferenz (COP21) in Paris sieht   und hocheffizienten Gas- und Dampf-  der CO -Ausstoß global
                                                                                     2
            einen  weltweiten  Ausstieg  aus  der  fossilen   kraftwerken. In ihnen sieht der Politologe   um 15 Prozent verringert
            Energienutzung ab 2050 vor. Dass sich das   Univ.-Prof. Mag. Dr. Gerhard Mangott von   werden.“
            nur mit Übergangslösungen bewerkstelligen   der Universität Innsbruck eine sinnvolle
            lässt, ist Experten längst klar. Und auch, dass   Lösung: Wenn der Umstieg von Kohle auf
            Erdgas bis zur Vollversorgung mit Erneuer-  Gas in der Stromproduktion  gelingt, kann
            baren eine zentrale Rolle spielen wird. Mitt-  „der CO -Ausstoß global um 15 Prozent ver-
                                                  2
            lerweile  sehen  auch  Grünpolitiker  die  Not-  ringert  werden“. Gaskraftwerke  produzieren
            wendigkeit zur Einbindung von Erdgas bis   deutlich weniger klimaschädliche Treibhaus-
            zum Ausstieg aus den fossilen Energieträ-  gase als Kohlekraftwerke. Das unterstreicht
            gern. So basiert das „Energiekonzept 2050“   auch die deutsche Energieökonomin Prof.
            der deutschen Grünen auf dem Grundsatz   Dr. Claudia Kemfert vom Deutschen Institut
            „Energie jenseits von Uran, Kohle und Öl“   für Wirtschaftsforschung in Berlin, und sagt   Gerhard Mangott
            – also auch mit Erdgas. Im Gegensatz dazu   voraus, dass „Erdgaskraftwerke relevanter   Universität Innsbruck
            plädieren die österreichischen Grünen für   werden“. Denn laut der Expertin „produzie-
            „100  Prozent  erneuerbare  Energien  in  Eu-  ren Kohlekraftwerke zu hohe Mengen an
            ropa und Österreich". Aber geht das in der   klimagefährlichen  Treibhausgasen  und  sind
            Praxis ohne Gas? „Nein“, sagt Mag. Michael   zu inflexibel“. Atomkraft sei ihrer Meinung   „Nord Stream 2 mit einer
            Mock, Geschäftsführer des Fachverbands   nach abgesehen von den damit verbunde-  Beteiligung von Unter-
            der  Gas-  und  Wärmeversorgungsunterneh-  nen Gefahren „schlicht und einfach zu teuer,   nehmen aus Österreich,
            mungen. Selbst in der Stromversorgung   also unwirtschaftlich“. Was ebenfalls für Gas   Deutschland, Frankreich
            ohne Gas auszukommen, käme heute einem   spricht ist, sagt Mangott kurz und prägnant:   und den Niederlanden
            Drahtseilakt gleich. Wärmeversorgung ohne   „Die notwendige Gasinfrastruktur ist in Eu-  ist so europäisch, wie es
            den Energieträger Gas ist heute undenkbar.   ropa verfügbar – es gibt ausreichend Gas-  nur sein kann.“
                                             kraftwerke.“
            Zukunft mit Erdgas
               Manager, wie der OMV-Vorstandsvorsit-  Flexible Gaskraftwerke
            zende Dr. Rainer Seele, sagen daher: „Erdgas      Im Gegensatz zu Atom- und Kohlekraft-
            ist für die kommenden Jahrzehnte einer der   werken sind Gaskraftwerke flexibel einsetz-
            wichtigsten internationalen Energieträger.   bar. Sie können sehr rasch von Null auf die
            Die mit Abstand umweltschonendste fossile   volle Leistung  hochgefahren werden und
            Energie“ sieht er als „wesentliche Säule der   sind,  wie  es der Fachverband  der Gas- und
            Energieversorgung, vor allem in Europa“. Bis   Wärmeversorgungsunternehmungen regel-
            zum Jahr 2050 habe Gas in allen Szenarien   mäßig betont, „unverzichtbare Partner für   Rainer Seele
            einen wesentlichen Anteil an der Primär-   erneuerbare Energieträger. Erdgas deckt den   Generaldirektor  Fotos: Di Pauli, OMV
            energieversorgung: Denn die sogenannten   Energiebedarf dann, wenn Wind, Sonne und   OMV


            32   ENERGIE INSIDE JUNI/16
   27   28   29   30   31   32   33   34   35   36