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Das Paradoxon negativer Strompreise! Kann sich Europa die Energiewende leisten?

Die Auswirkungen der Europäischen Energiepolitik standen gestern, Mittwoch beim Energie Talk der EAA-ENERGIEALLIANZ Austria im Mittelpunkt einer spannenden und brisanten Diskussion, im Ringturm der Vienna Insurance Group. Die Vorgeschichte: In Deutschland war es in den Weihnachtstagen 2012 nach einer Starkwindfront zu Produktionsspitzen großer Windparks gekommen. Das führte einerseits zu einer Überbeanspruchung des Stromnetzes und in der Folge an der Börse zur paradoxen Situation von negativen Strompreisen: das Überangebot traf auf schwache Nachfrage - auch in Österreich. Unter normalen Marktregeln, hätte das die Preise in den Keller getrieben. Aber in dem durch Subventionen verzerrten Markt waren die negativen Energiepreise etwa für Produzenten von Wind- und Solarstrom trotzdem ein gutes Geschäft. Gegenwärtig erreichen die Auswirkungen dieser nachhaltigen Marktverzerrungen eine Größenordnung, die deutliche Standortnachteile für ganz Europa zur Folge hat. Das beunruhigt Verbraucher, die Industrie und Energieunternehmen gleichermaßen und schadet darüber hinaus paradoxerweise auch der Umwelt. Zu dieser Einschätzung kamen MMag. Peter J. Oswald, Executive Director Mondi Group and CEO Europe & International, Dr. Hubertus Bardt, stellvertretender Leiter Wirtschafts- und Sozialpolitik am Institut der deutschen Wirtschaft Köln, und DI Josef Plank, Präsident des Dachverbands Erneuerbare Energien Österreich. Es sei völlig offen, wie die EU und die europäischen Nationalstaaten mit diesen neuen Herausforderungen umgehen werden.

Es fehlt an Innovation und Wettbewerb

Sie beurteilten die aktuelle Lage auf dem Energiemarkt als "absurd" und "gefährlich". Sie waren sich auch darin einig, dass der permanente auf Jahre hinweg fixierte Subventionsautomatismus erneuerbarer Energien eine der Ursachen des Problems ist. Bardt: "Die Förderung nimmt keine Rücksicht darauf, wann Strom produziert wird. Aber wir sind derzeit technologisch gesehen noch nicht flexibel genug, um nachfragegemäß zu liefern. Es fehlt an Innovation, Effizienz und Wettbewerb."

Klare Regeln nötig

Peter J. Oswald kritisierte die gegenwärtige Tendenz zur Planwirtschaft im Zusammenhang mit Energie in der EU und in Österreich: "Zwar sind gewisse staatliche Eingriffe auf dem Strommarkt notwendig, aber heute fehlen klare Regeln. Sinnvoll wären Anschubfinanzierungen und Investitionen in Forschung und Entwicklung, aber keine Dauersubventionen. Die aktuelle Energiepolitik gefährdet den Standort Europa. Wir brauchen eine neue Basis, um die Industrie zu erhalten, und fordern von der Politik tragfähige Rahmenbedingungen." Während Oswald in der US-amerikanischen Wirtschaft vor allem aufgrund der niedrigen Gas- und Energiepreise eine Aufbruchsstimmung wahrnimmt, sehe er momentan in Europa ein wenig investitionsfreundliches Klima.

CO2-Reduktion weiter vorantreiben

Josef Plank vom Dachverband Erneuerbare Energien hinterfragt das "aktuelle Marktdesign. Auch wenn es keinen Zweifel an der Erweiterung erneuerbarer Energien und an der Reduktion des CO2-Ausstosses geben kann." Ein großes Problem sieht er in der "Nicht-Abstimmung innerhalb der EU". Er fürchtet, diese werde aufgrund der unterschiedlichen Ausgangslagen aller Beteiligten auch nicht so schnell kommen. Dem stimmt auch Bardt zu: "Die Energiewende soll in 39 Jahren vollzogen sein. Das sind zehn Legislaturperioden. Welcher Politiker überblickt heute so eine Zeitspanne?" Trotzdem, so der einhellige Tenor, müsse man die CO2-Reduktion vorantreiben, da es dazu keine Gegenvorschläge gebe.

Wettbewerb und Innovation als Rezepte für die Zukunft

In der Initialphase der Erneuerbaren Energie war das momentane Fördersystem durchaus vertretbar. Man sei bei Dimensionen angekommen, bei denen das System dringend zu überdenken wäre. Wobei Systemänderungen wie etwa die erforderlichen Anpassungen der Förderpolitik in Deutschland in jedem Fall aus gesamteuropäischer Sicht zu beurteilen seien. Für die Änderung der paradoxen Situation auf dem Energiemarkt wäre eine bessere europäische Abstimmung und Vernetzung hilfreich, so der Tenor. Noch wichtiger wäre ein stärkerer europäischer Wettbewerb. Der würde laut Bardt dazu beitragen, "Effizienzen zu heben und Kosten zu sparen". Ein weiterer Ansatz ist die Änderung der Förderpolitik: Statt die Massenproduktion in den Bereichen Wind und Sonne zu fördern, sollte die Politik in Europa laut Bardt die Innovationsförderung forcieren: "Wir brauchen Innovationen in High-Tech." Peter Oswald wiederum argumentiert, dass " eine Abkehr von starren Gedankenmustern hin zu innovativeren Ansätzen und neuen Technologien erforderlich" sei, um zu einer grüneren und nachhaltig besseren Zukunft zu kommen: "Das sind wir unseren Kindern und den uns nachfolgenden Generationen schuldig," sagte Oswald. Und Josef Plank bekräftigt: "Der Weg zurück ist keine Alternative. Es muss uns vielmehr gelingen, die Energiewende zu einem wirtschaftlichen Erfolg zu machen."


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